• Ein Fehler ist aufgetreten – der Feed funktioniert zurzeit nicht. Versuche es später noch einmal.

Eine der ersten Musikerinnen des BVRN wurde in Reilingen für 60 Jahre aktive Tätigkeit geehrt

Der Artikel ist mit der Genehmigung der Redakteurin Vanessa Schäfer aus der Schwetzinger Zeitung vom 28.3.15 entnommen.

Eine weibliche Note in der Blasmusik

Karin Krüger wirkt schon seit 1955 im Verein mit, als dieser noch eine reine Männerdomäne war / Tenorhorn und Posaune als Leidenschaften

Vertraut nimmt Karin Krüger das glänzende Tenorhorn in die Hand, drückt die Ventile und setzt die Lippen an das Mundstück des Blechblasinstruments. Seit 60 Jahren sind sie und das Horn ein eingespieltes Team – im wahrsten Sinne des Wortes: Wie viele Auftritte sie schon gemeinsam gemeistert haben, wie oft sie in Teamwork schöne Melodien gezaubert haben, das kann die 71-jährige Reilingerin gar nicht zählen. Schließlich wirkte sie schon aktiv bei dem Musikverein Harmonie mit, als Blasmusik noch eine reine Männerdomäne war.

Lange Zeit das einzige Mädchen

„Ich war bestimmt zehn Jahre lang das einzige Mädchen“, erinnert sich die Reilingerin, die am 29.03. beim Familiennachmittag des Vereins zusammen mit Walter Kilian für 60-jährige Mitgliedschaft geehrt wurde. Angefangen hat ihre musikalische Karriere mit der Mundharmonika, berichtet Karin Krüger. Als das Mundharmonika-Orchester sich auflöst, hat sie in den 50er Jahren nur eines im Sinn: Mit der Musik weitermachen. „Der Musik-Fritz meinte damals, ich hätte so dicke Lippen, ich solle Tenorhorn spielen“, erinnert sie sich an Eduard Fritz, der 1955 eine Jugendkapelle etabliert. Karin Krüger zieht ein Schwarz-Weiß-Foto der Kapelle hervor. Darauf abgebildet ist der Musik-Fritz, neun Jungs, darunter ihr Bruder, und sie. „Mit den vielen Jungs habe ich eigentlich nie Probleme gehabt“, sagt sie.

Bei Auftritten sticht die junge Hornistin dennoch hervor, wird in Zeitungsartikeln immer wieder hervorgehoben – nicht jedoch wegen ihrer Leistungen, sondern allein aufgrund der Tatsache, dass sie ein Mädchen ist. Die führte auch dazu, dass Karin Krüger an den Seminaren an der Musikschule Kürnbach nie teilnehmen durfte. „Da hätte man extra für mich eine Frau als Aufsichtsperson sowie ein eigenes Zimmer und eine reine Mädchentoilette gebraucht“, sagt sie.

Als Willi Ehringer die Jugendkapelle 1961 übernimmt, ist die Gruppe auf sechs Mitglieder zusammengeschrumpft. „Wir haben mit sechs Blechbläsern und einer Trommel Marschmusik gemacht“, ruft sich die 71-Jährige in Erinnerung. Und auch Karin Krüger denkt schließlich ans Aufhören: Als sie 23 Jahre alt ist, beginnt sie in Speyer eine Ausbildung als Krankenschwester und weiß nicht, wie sie regelmäßig vom Schwesternwohnheim in die Proben kommen soll. Dass sie heute immer noch so eng mit dem Musikverein verbunden ist, hat sie vielleicht sogar dem Schicksal zu verdanken: Als sie 1968 kurzerhand bei einem Auftritt des Musikvereins Altlußheim einspringt, wird sie gefragt, ob sie nicht öfter mitspielen will. Das Problem mit dem Fahren hat der Dirigent schnell gelöst: „Ich hab da jemanden, der dich fährt.“ Nun ergreift Ehemann Willi Krüger das Wort: „Dreimal dürfen Sie raten, wer!“ Er, der Posaune beim Musikverein Altlußheim spielt, und sie wachsen über den Fahrdienst hinaus schnell zusammen, engagieren sich durch das gemeinsame Hobby in beiden Vereinen und heiraten schließlich 1970. Karin Krüger ist für die Frauen offenbar eine Art Zugpferd: Durch ihre Präsenz bei Auftritten steigt die gesellschaftliche Akzeptanz, dass Blasmusik keineswegs nur reine Männersache ist.

„Mit der Zeit haben mehr Mädchen anfangen, Instrumente zu spielen, wenn auch überwiegend Klarinette“, erzählt die Reilingerin. Bei der Klarinette ist sie selbst nie gelandet: In den 90er Jahren sattelt die Hornistin auf die Posaune um. Mit beiden Instrumenten ist Karin Krüger inzwischen gleichermaßen vertraut. In der Kapelle spielt sie die Posaune, tritt sie im Quartett bei vereinsinternen Feierlichkeiten auf, greift sie zum Horn.

Verein immer treu geblieben

„Ich bin reine Hobbymusikerin“, betont Karin Krüger. Große Schritte wollte sie mit ihrem Können nie machen. Darum hat sie nie den Verein gewechselt, ist dem Musikverein Harmonie immer treu geblieben und hat dazu beigetragen, dass die Frauenwelt dort inzwischen ordentlich mitmischt. Denn dass sie vor 60 Jahren als Elfjährige ausschließlich von Jungs bei den Proben umgeben war, bei jedem Auftritt von der Presse hervorgehoben wurde, daran erinnert heute beim Blick auf die Kapelle nichts mehr: Bunt ist diese durchmischt – ganz wie ein Melodienstrauß.