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Mühlhausen: Musikalische Leckerbissen serviert mit hörbarer Musizierfreude

Auf einen besonderen musikalischen Leckerbissen dürfen sich die Freunde der sinfonischen Blasmusik alljährlich am Vorabend des ersten Advent beim Jahreskonzert des Musikvereins Mühlhausen freuen. Die beiden Ensembles, das Orchester des Musikvereins unter der Leitung von Dominik M. Koch und das Jugendorchester unter seinem Dirigenten Alexander Six, haben zahlreiche Fans, die sich dieses musikalische Großereignis nicht entgehen lassen. Erneut ist es den beiden Orchestern gelungen, das Publikum in der voll besetzten Kraichgauhalle zu begeistern. Es war ein mitreißendes Konzert, das hohe Ansprüche an das Können der Musiker stellte, wobei die beiden Kapellmeister genau einzuschätzen wissen, was sie von ihren Musikern fordern können. Zweifellos hat das Orchester des Musikvereins mit der Präsentation des Jahreskonzerts einen weiteren Schritt in Richtung „Tabellenspitze“ getan. Was zeichnete das 52köpfige Orchester besonders aus? Es war eine auch im Saal sichtbare und hörbare Begeisterung quer durch alle Register, eine Musizierfreude auf höchstem Niveau, ein unbedingter Wille zur Auslotung der einzelnen Stücke, eine Ausleuchtung bis ins kleinste Detail, eine dynamische Bandbreite, die erstaunen lässt und eine äußerste Disziplin und Präsenz, die selbst den leisesten Wink des Dirigenten befolgt. Gekonnt und charmant führt Bernadette Claßen durch das Programm des Abends, erzählt etwas über die Musikstücke, über ihre Botschaft und stimmt so das Publikum auf die einzelnen Programmpunkte ein. Das Orchester setzt um, was die Vorsitzende Annette Glapka-Welker in ihrer Begrüßung angekündigt hatte: „Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an“.

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Im Eröffnungsstück „Little Opening“ beschreibt das Orchester auf eindrucksvolle Weise die spannungsgeladene Atmosphäre eines Konzertbeginns: Höchste Konzentration der Musiker, erwartungsvolle Haltung des Publikums. Es ist einfach eine Stimmung, die von den unterschiedlichen Gefühlen geprägt ist. Ausdruck findet sie in der Fanfare. Da wechseln sich Momente allerhöchster Konzentration ab mit Augenblicken der Ruhe und Ausgeglichenheit. Wie unterschiedlich die einzelnen Eindrücke der Musiker und Zuhörer sein können, zeigt sich in häufig wechselnden musikalischen Stimmungen, wobei die Fanfare den „roten Faden“ bildet. Die Trompeten und Posaunen eröffnen das Werk mit kräftigen Fanfarenstößen, worauf als Kontrast eine ruhige Passage in den Klarinetten folgt. Über rhythmisch treibende Figuren im tiefen Blech und Schlagwerk treten Klarinetten und Trompeten, später auch die Hörner solistisch in den Vordergrund. Schließlich mündet ein breites Ritardando in ein furioses Presto-Finale.

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Der durch seine Orchestersuite „Die Planeten“ berühmt gewordene Engländer Gustav Holst schuf mit der 1911 entstandenen „Second Suite in F“ eine vier Sätze umfassende, spätromantische Komposition, die geprägt ist von melodischer Schönheit und tänzerischer Rhythmik britischer Volksmusik. In diesem Werk malt Holst ein beeindruckendes, musikalisches Porträt seiner Heimat. Im einleitenden Marsch scheinen drei englische Lieder durch. Im zweiten Satz „Lied ohne Worte“ verwendet der Komponist das Lied „I’ll love my love“. Im dritten Satz „Lied des Schmiedes“ dominiert das Schlagwerk, indem es die widerhallenden Schläge eines Amboss imitiert. Der letzte Satz „Fantasia on the Dargason“ verbindet ein rhythmisches Thema mit dem langsamen Lied „Greensleaves“. Hervorragend, wie das Orchester die englischen Volkslieder zu einem spannenden Spiel instrumentaler Klangfarben vermischt.

Bei dem Duett „Don Carlo“, das der Komponist Johan de Meij meisterlich für Blasorchester umsetzte, handelt es sich um ein Lied aus der gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi. In diesem Duett schwören sich zwei Männer die Freundschaft. Es ist ein bewegendes Stück Musik, in virtuoser Zweistimmigkeit vorgetragen von Alexander Fieres und Alexander Six auf ihren Posaunen. Stimmungen einfangen, Momentaufnahmen festhalten, Charaktere musikalisch nachzeichnen, das ist das Ziel von Dirigent Koch und seinem Orchester beim Schlusssatz der Sinfonie „The Lord of the Rings“. Dort begegnen dem Zuhörer die „Hobbits“, jenes fröhlich tanzende Völkchen, deren edler Charakter in einer strahlenden Hymne seinen musikalischen Ausdruck findet. Im Gegensatz dazu symbolisiert der verhalten, ruhige Schluss des Stückes den Abschied Gandolfs und Frondos aus dem Auenland der Mittelerde. Bald wird sich das Schiff, mit dem sie aufs hohe Meer hinausfahren, einem Schatten gleich am westlichen Horizont verlieren, wie sich auch die Musik im feinsten Pianissimo verliert. Kurz vor der Pause wird es noch einmal spannend: Die Titelmusik zu dem amerikanischen Actionthriller „The Rock – Fels der Entscheidung“ erzählt in musikalischen Bildern die Geschichte eines verbitterten Generals, der die Bevölkerung von San Francisco auslöschen will. In verschwenderischen Klangfarben erzählt zeichnet das Orchester die Dramatik des Leinwandspektakels nach.

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Die Darbietungen des Jugendorchesters begeistern durch hohe Qualität und kraftvollen Ausdruck. Dirigent Alexander Six versteht es, seine 35 Jugendlichen mitzureißen. Geradezu selbstverständlich vermittelt er die Stimmung jedes Stücks. Die Wertung für den Auftritt: Bestnote! Das Jugendorchester ist mehr als nur Nachwuchslieferant für das große Orchester. Eine schwierige Aufgabe erwartet gleich zu Beginn ihres Auftritts auf die jungen Musikanten, die musikalische Besteigung des „Eiger“. Die gefährliche Reise auf den Viertausender auf der einen, und die Beschreibung der schönen Bergwelt auf der anderen Seite wird mit einem atemberaubenden Klangteppich vom feinsten Piano bis zum kräftigen Fortissimo präsentiert. Es folgt ein Medley des erfolgreichsten Musicals aller Zeiten: „The Phantom of the Opera“ mit den eingängigsten Melodien wie „All I ask of you“, „Think of me angle of music“ und „Music of the night“. Mit Klaus Appel aus Östringen hatten die Jungmusiker einen leibhaftigen Dudelsackspieler engagiert, um die Zuhörer mit „Highland Cathedral“ ins schottische Hochland zu entführen. Als Stefanie Metzger die jungen Musikanten einzeln vorstellte, hatten diese schon längst ihren hohen Stellenwert innerhalb des Vereins eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Erst nach einer Rock’n’roll-Zugabe durften sie die Bühne verlassen.

In der „West-Side-Story“ erzählt der Komponist Leonard Bernstein die tragische Liebesgeschichte zweier Menschen. Unsterbliche Kompositionen wie „Tonight“, „Maria“, „Amerika“ und „Somewhere“ machen dieses Werk zu einem zeitlosen Glanzstück, das vom Orchester trotz höchstem Schwierigkeitsgrad bestens bewältigt wird. Brillanter Solist auf dem Vibraphon ist Marius Schäfer bei der zweiteiligen Komposition „A Tribute to Lionel“. Im ersten, getragenen Teil bringt er die warmen, lyrischen, fast romantischen Klänge seines Soloinstruments voll zur Geltung. Der zweite Teil ist eine Verbeugung vor dem weltberühmten Jazz-Vibraphonisten Lionel Hampton. Das Publikum antwortet auf diesen spektakulären Ritt über die Klaviatur des Vibraphons mit Begeisterung. Beim abschließenden Werk „Phil Collins live“ präsentiert das Orchester die bekanntesten Hits des Weltstars wie „Something happened on the way to Heaven“, „A groovy kind of love“, „Easy Lovers“ und „Take me home“. Auch höchste Anforderungen an das technische Können des Orchesters werden mit Bravour gelöst, die Solisten an Flügelhorn, Posaune, Trompete und Querflöte brillieren. Das Publikum dankt mit stehendem Applaus und bekommt als Dankeschön zwei Zugaben.