Jahreskonzert des Musikverein Mühlhausen
Musikalische Kostbarkeiten serviert mit hörbarer Begeisterung
Jahreskonzert des Orchesters des Musikvereins und des Jugendorchesters in der Kraichgauhalle / Vielseitiges, anspruchsvolles Programm
– rka – Wer derzeit in unserer Region von sinfonischer Blasmusik spricht, kommt am Orchester des Musikvereins Mühlhausen und seinem Dirigenten Dominik M. Koch nicht vorbei. Seit vielen Jahren trägt seine kontinuierliche, musikalische Aufbauarbeit ihre sichtbaren und hörbaren Früchte, wie es das Jahreskonzert 2013 in der ausverkauften Kraichgauhalle eindrucksvoll bestätigte. Kapellmeister und Kapelle sind noch mehr zusammengewachsen und präsentieren sich als homogenes und selbstbewusstes Ensemble. Jedes Register für sich überzeugt chorisch und solistisch. Dabei bringt das Orchester zwei Dinge unter einen Hut: Es präsentiert attraktive Kompositionen der Sinfonischen Blasmusik auf hohem künstlerischen Niveau und behält dabei das breit gefächerte Hörinteresse des Publikums im Auge.
In ihrer Begrüßung spricht die Vorsitzende Annette Glapka-Welker auch offen vom Geheimnis dieses Erfolgs: Der Dirigent habe dem Orchester beigebracht, zuzuhören, den Charakter eines Stückes zu erfassen und die Begeisterung von sich auf die Musiker zu übertragen. An diesem Konzertabend sei es nun Aufgabe der Musizierenden, bei den Besuchern „das Feuer der Melodie zu entfachen und von der Begeisterung beflügelt in musikalische Lüfte zu tragen“. Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses Vorhaben gelingt in vorzüglichen Weise. Gekonnt und charmant führt Bernadette Claßen durch das Programm des Abends, erzählt etwas über die Musikstücke, über ihre Botschaft und stimmt so das Publikum auf die einzelnen Programmpunkte ein.Eine klingende Kostbarkeit serviert das Orchester bereits zu Beginn mit dem fröhlich stimmenden Marsch „Jubelklänge“ von Ernst Uebel, der es bereits vor Jahrzehnten zu hohen Ehren gebracht hatte. So wurde er bereits bei den Krönungsfeierlichkeiten für Königin Elisabeth II. von England im Jahre 1953 sowie 1972 bei den Olympischen Winterspielen in Sapporo gespielt. „The Wind in the Willows“ („Der Wind in den Weiden“) ist eine rührende Geschichte um eine Ratte, einen Maulwurf, eine Kröte und einen Dachs, die von den Musikanten in phantasievollen, kontrastreichen, musikalischen Bildern zum Leben erweckt wird. Bei lautmalerischen Klängen darf sich der Zuhörer eine Vorstellung verschaffen vom Leben der Tiere am Fluss, vom Sonnenschein, fließendem Wasser, grünen Wiesen und Wäldern, staubigen Straßen und dem abenteuerlichen Leben der vier Tiere. Einem musikalischen Rätsel gleich können die Zuhörer die einzelnen Tiere erraten, allen voran die eigensinnige Kröte. In Rhythmus und Melodie, Tempowechsel und Dynamik stellt das Stück höchste Anforderungen an alle Register, vor allem an die Holzblasinstrumente.
Als Kontrast mischen sich jetzt romantische Klänge aus der Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner ins musikalische Geschehen. „Elsas Zug zum Münster“ beschreibt die feierliche Prozession zur Kirche, wo Elsa ihren geheimnisvollen Retter heiraten soll. Der Gang von Lohengrin und Elsa zum Traualtar beginnt sehr verhalten mit sparsamer Instrumentierung in langsamem, getragenen Tempo. Die zarte Mischung der Blasinstrumente gibt diesem Stück eine wunderbare Eleganz. Schritt für Schritt, Takt für Takt, steigert sich die Handlung zum dynamisch-dramatischen Höhepunkt bei der Ankunft der Hochzeitsgesellschaft im Dom.
Die wenigsten Zuhörer werden schon einen Vulkanausbruch live erlebt haben, musikalisch durften sie Ohrenzeuge eines solchen Ereignisses sein bei der anspruchsvollen Sinfonie „Terra vulcania“ von Otto M. Schwarz, in der in beeindruckenden, musikalischen Bildern die Entstehung des steirischen Vulkanlands nachgezeichnet wird. Da erlebt man in passenden Melodien und Akkorden, mal tempogeladen, mal beschaulich-meditativ, wie die Erde, Vulkane und Meere entstanden sind, wie ungestüme Naturgewalten die Erdoberfläche gestaltet haben. Die Sinfonie erzählt aber auch über die Schicksale der Menschen, von Krieg und Not, Frieden und Wachstum, dem Leben im Einklang mit der Natur und der Hoffnung auf eine gute Zukunft.
Die anschließenden Darbietungen des Jugendorchesters begeistern durch hohe Qualität und kraftvollen Ausdruck. Dirigent Alexander Six versteht es, seine 35 Jugendlichen mitzureißen. Geradezu selbstverständlich vermittelt er die Stimmung jedes Stücks. Die Wertung für den Auftritt: Bestnote! Das Jugendorchester ist mehr als nur Nachwuchslieferant für das große Orchester. Eine schwierige Aufgabe erwartet gleich zu Beginn ihres Auftritts auf die jungen Musikanten. Aber mit der „Fanfare Esprit“ gelingt dem über 30köpfingen Orchester eine sehr wirkungsvolle Eröffnung. Dabei verbindet das Ensemble geschickt die feierliche Eröffnung mit den sich anschließenden fließenden Melodien. In „Adebars Reise“ schildern die jungen Musikanten auf musikalische Weise den Flug der Störche in Richtung Süden und seine verschiedenen Stationen: Sie erzählen vom Leben und Treiben auf dem Kirchturm, der Vorbereitung zur Reise, der Versammlung bei Sonnenuntergang, dem Aufbruch nach Süden und der Ankunft in Afrika. „Les Miserables“ ist ein packendes, zu Herzen gehendes Musical-Drama nach einem Roman von Victor Hugo, welches das Schicksal eines ehemaligen Sträflings schildert. Fünf mitreißende Nummern präsentiert das Jugendorchester, unter anderem den Song „I dreamed a drean“, der die Sehnsucht nach einer besseren Welt ausdrückt. „Wir sind stolz, eine so engagierte Jugend zu haben“, so die Co- Vorsitzende Claudia Jablonka. Diesem Kompliment kann man sich nur anschließen!
Mit Trommelwirbeln, Trompetenklängen und dem „Marche Americana“ meldet sich das Orchester zum zweiten Teil zurück und wird von der Vorsitzenden Claudia Jablonka namentlich vorgestellt, insgesamt eine stolze Zahl von 53 Aktiven. Dramatisch gestaltete Filmmusik zählt zu den beliebtesten Sparten im Repertoire des Orchesters. Dafür hat der große Meister der Filmmusik, John Williams, mit „Symphonic Soundtracks“ ein nagelneues, beeindruckendes Medley geschaffen mit entzückenden, magischen Klängen aus „Harry Porter und der Stein der Weisen“, wunderschönen Melodien aus „Artifical Intelligence“ und bewegter, dramatischer Musik aus „The Patriot“. Es ist schon beeindruckend, wie Dirigent und Orchester mit großer Vielfalt an Klangfarben höchste künstlerische Ziele ansteuern. Dabei sind es vor allem die Holzblasinstrumente, die solistisch hervortreten dürfen.
Beim Medley „The Best of Earth, Wind & Fire“ lässt das Orchester die Siebziger wieder auferstehen, und das in einem einzigartigen Sound, der die Glanzzeit dieser legendären Gruppe widerspiegelt. Deutlich erkennt man bei der Präsentation die Einflüsse von Soul, Funk, afrikanischen Elementen und modernen Pop-Rhythmen. Hier ist es vor allem das Posaunenregister, das virtuos zu glänzen versteht. Verschiedene, bekannte Titel wie „In the Stone“, „Got to get you into my life“ und die Ballade „After the love has gone“ sind in diesem Potpourri vereint. Stehend applaudiert das Publikum und dankt so für ein begeisterndes und mitreißendes Jahreskonzert, das die Musiker mit den weihnachtlichen Melodien „A Christmas Festival“ besinnlich ausklingen lassen.